Ratgeber für Möbelgleiter
Ansprüche an Möbelgleiter
Möbelgleiter unterliegen der ständigen Herausforderung, sich in das Design-Konzept von Möbeln zu integrieren und dabei gleichzeitig den Anforderungen im Einsatzumfeld und der Möbelnutzung gerecht zu werden. Oft sollen sie möglichst ein Möbelleben lang unauffällig funktionsfähig bleiben.
Möbeldesigner und Möbelhersteller entwickeln im Rahmen umfassender Design- und Funktionsstudien Möbel, in denen Möbelgleiter schon integrativer Bestandteil sind. Neben zum Teil sehr aufwendigen Eigenentwicklungen kommen vielfach Möbelgleiter als Zukaufteile aus Sortimenten entsprechender Anbieter zum Einsatz. Während wenig bewegte und belastete Möbel bezüglich der Wahl geeigneter Möbelgleiter eher unkritisch sind, erfordern besonders Stühle eine aufmerksame Auswahl geeigneter Gleiter.
Spannungsfeld Stuhl - Bodenbelag - Nutzung
Die Möbelgleiter sollen so beschaffen sein, dass
• der Bodenbelag nicht beschädigt wird
• der Bodenbelag den Gleiter nicht übermäßig schädigt (Verschmutzung, Versiegelung mit Hartstoffen, etc.)
• wenig Geräusche bei der Bewegung der Stühle entstehen
• das Bewegen der Stühle angenehm, aber nicht zu leicht (Gefahr des Verrutschens beim Setzen) erfolgt
• missbräuchliche Nutzung (Kippeln, Fallen, etc.) toleriert wird und dabei der Boden nicht beschädigt wird
Gestaltungsarten von Möbelgleitern
In den letzten Jahrzehnten haben sich teils aus sehr unterschiedlichen Gründen folgende Spielarten verbreitet:
1. Gleiter einteilig - häufig verwendete Kunststoffe:
Polyäthylen (PE), Polypropylen (PP), Polyamid (PA), Polyoxymethylen (POM), Polykarbonat (PC)
2. Gleiter, zwei- oder mehrteilig stoffschlüssig mit geklebtem, auf geschweißtem oder aufgespritztem Gleiteinsatz
3. Gleiter, zwei- oder mehrteilig formschlüssig mit montiertem Gleiteinsatz
Die erste Spielart ist meist kostengünstig und erlaubt eher flache und wenig auffällige Ausführungen. Meist bestimmt die Befestigungsqualität am Stuhl die Baugröße, soweit nicht Designaspekte Gegenteiliges nach sich ziehen. Die Varianten zwei und drei sind deutlich aufwendiger und damit teurer, erlauben aber eine bessere Anpassung an unterschiedliche Bodenbeläge ohne Einbußen bei der Festigkeit und Stabilität der Möbelgleiter in Kauf nehmen zu müssen. Die dritte Spielart ermöglicht auch auswechselbare Einsätze, die jedoch zumeist größere und klobigere Gleiterbauformen bedingen.
Gleiteinsätze (Bauformen und Gleitmaterialien)
Für die Gleiteinsätze bzw. ein- oder aufgebrachten Gleitbesätze haben sich folgende Formen bzw. Materialien verbreitet:
• Filz-Stanzteile (eingepresst, mit Kunststofffassung umspritzt montiert oder eingerastet, aufgeklebt oder mittels Reibschweißen auf geschweißt)
• Einteilige harte Kunststoffformteile (PE, PP, PA, POM, PC, etc. - umspritzt, geklebt, mittels Reibschweißen aufgeschweißt, eingepresst, montiert oder eingerastet)
• Edelstahlschalen (um den Gleiter gebördelt)
• Verchromte oder vernickelte Stahlschalen (um den Gleiter gebördelt)
• Einteilige weiche Kunststoffformteile (Elastomere und thermoplastische Elastomere - umspritzt, geklebt, mittels Reibschweißen aufgeschweißt, eingepresst, montiert oder eingerastet)
• Stoffschlüssige Verbundformteile aus weichelastischem Träger und gleitfreudiger Folie (Elastomer oder thermoplastisches Elastomer [TPE] mit Folie aus Polytetrafluoräthylen [PTFE, Markenname z.B. ™Teflon], ultrahochmolekularem PE oder strahlenvernetztem ultrahochmolekularem PE)
Was können Stuhlgleiter leisten, was nicht ?
Stuhlgleiter bzw. Gleiteinsätze von Stuhlgleitern sind Verschleißteile und bedürfen der Wartung und bei empfindlichen Böden der vorbeugenden Inspektion! Es gibt keine Universalbodengleiter für alle Bodenbeläge! Es gibt zwar Gleitflächenmaterialien, welche auf allen Bodenbelägen einsetzbar sind, aber mit dem Zielkonflikt Haltbarkeit (z. B. PTFE, Filz) oder funktioneller Unvereinbarkeit (z.B. TPE-U/PUR = exzellent haftend oder PTFE = extrem geringer Reib- bzw. Haftwiderstand).
Die Haltbarkeit hängt zunächst ganz entscheidend von der richtigen Auswahl des Gleiters ab:
• Aufstellfläche des Stuhlgleiters bzw. Gleiteinsatzes im Verhältnis zur Nutzlast (Personengewicht + Stuhlgewicht)
• Richtige Wahl des Gleiteinsatzmaterials passend zum Bodenbelag
• Nutzungsverhalten bzw. Nutzungsart
• Farbe des Gleiteinsatzes
Aus unterschiedlichen Gründen (Design, Kosten, Gewicht, etc.) werden häufig Stahlrundrohre mit kleinem Durchmesser oder gar verjüngte, hydraulikdruckumgeformte Stahlrohre mit kleinem Durchmesser in Stahlrohrstühlen verbaut. Die Erwartungshaltung der Möbelhersteller ist dann oft, dass die Stuhlgleiter keine auffällig großen Gleitflächen in Relation zum Stahlrohrdurchmesser haben. Dabei ist mit Blick auf den Verschleiß der Gleiteinsätze zu berücksichtigen, dass dieser mit abnehmendem Durchmesser quadratisch ansteigt. Zudem steigt die Druckbelastung des Bodens quadratisch an. Auch die Befestigung und der feste Halt von Stuhlgleitern wird bei abnehmendem Durchmesser der Stuhlrohre zunehmend schwieriger. Bei Freischwingerstühlen bzw. Stahlrohrstühlen ohne aufstehende Stuhlbeine mit geringerem Stahlrohrdurchmesser (18-22mm) ist das weniger kritisch, wenn die Gleitfläche ausreichend lang bemessen sein kann.
Die Wahl des Gleiteinsatzmaterials richtet sich nach den Erfordernissen des Bodenbelags und dem gewünschten Komfort. Die Bodenbelaghersteller sollten die geeigneten bzw. verträglichen Gleitmaterialien und die Mindestgleitfläche je Stuhl bei ihren Produkten auflisten. Bei der Komfortvorgabe bzgl. geringem Geräusch ist zu berücksichtigen, dass weiche Materialien (Filz, Elastomere, thermoplastische Elastomere) mit abnehmender Härte deutlich schneller verschleißen.
Bei der Komfortvorgabe bzgl. besonders leichtem Verschieben ist zu berücksichtigen, dass die Materialien PTFE und ultrahochmolekulares PE bzw. strahlenvernetztes ultrahochmolekulares PE sich nicht in Standardverfahren thermoplastisch zu Formteilen verarbeiten lassen, sondern in der Regel als Folienhalbzeug oder Sinterpressling zur weiteren Verarbeitung zum stoffschlüssigen Verbundformteil zur Verfügung stehen. Die Verschleißstärke der verfügbaren und verarbeitbaren Folien ist begrenzt und damit ist auch trotz der geringen Reibung und des dadurch entstehenden geringen Abriebs bei intensiver Nutzung nur eine mittlere Haltbarkeit zu erwarten.
Extreme Anforderungen durch die Nutzer oder die Nutzungsart stellen sich in der Regel in Schulen und bei Massenbestuhlungen mit Stapelstühlen ein. Hier hilft nur eine gute Bodenreinigung in Verbindung mit Wartung bzw. regelmäßigen Inspektionen. Sehr oft kommt noch Vandalismus hinzu. Diesen Anforderungen können Stuhlgleiter nicht mit einer langen Haltbarkeit gerecht werden. Auf unempfindlichen Böden können naturfarbene Gleiteinsätze gewährleisten, dass der Abrieb spurenlos zu beseitigen ist, währenddessen eingefärbte Gleiteinsätze oder Gleiter Spuren hinterlassen können, die schwer oder gar nicht zu beseitigen sind.
Des Weiteren sind dann folgende Kriterien zu berücksichtigen:
• Bodenpflege und Bodenreinigung
• Bodenbelagart
• Qualität der Bodengestaltung
Bodenreinigung und Bodenpflege in Abhängigkeit des Verschmutzungs- und Abnutzungsgrades sind unerlässlich. Kleine harte Körnchen setzen sich in allen Gleitflächen fest und verkratzen dann beim Bewegen der Stühle den Boden und radieren zusätzlich die Gleitfläche des Stuhlgleiters. In Stahl- oder Edelstahlschalen werden so scharfkantige Riefen erzeugt, die wiederum am Boden arbeiten. Einige Bodenbelaghersteller versiegeln ihre Bodenbeläge mit einem korundhaltigen
Decklack, um den Bodenbelag gegen Kratzer zu schützen. Korund ist ein sehr hartes Schleifmittel und radiert die Gleiter und Gleiteinsätze in kürzester Zeit ab. Die Bodenbelagart gibt bereits vor, mit welchem Reibungs- und Haftungsniveau beim Verschieben der Stühle und mit welchem Geräuschpegel beim Verrücken der Stühle zu rechnen ist.
Dementsprechend können dann mehr gleitende oder mehr stoppende Stuhlgleiter und ggf. zusätzlich geräuschdämpfende Stuhlgleiter gewählt werden. Ein bestuhlter Boden sollte eben sein und keine Vorsprünge aufweisen. Grobe Bodenfliesen mit vorstehenden Kanten oder abrupte Bodenschwellen/Anschläge können Stuhlgleiter in kurzer Zeit unbrauchbar machen. Hinsichtlich des Komfortmerkmals geringes Geräusch kann ein geeigneter Bodenbelag bereits einen entscheidenden Beitrag leisten.
In vielen Fällen übersteigt die Haltbarkeit der Möbelgleiter die Möbelgebrauchsdauer. Oft ist ein einfacher gerader Stopfen unseres Typs GL in der Farbe natur oder adäquat ein schräger Gleiter unseres Typs RS in der Farbe natur eine einfache und zufriedenstellende Lösung und sehr leicht auszutauschen, wenn einmal der Verschleiß zu weit fortgeschritten ist.
Nicht-Öffentliche und öffentliche Ausschreibungen für Bestuhlungen
Soweit in Ausschreibungen bestimmte Stuhlgleiter vorgeschrieben werden, müssen Bodengestaltung/Bodenbelag, Stuhlgleiter und Nutzungsart so zusammen passen, dass eine vorgesehene realistische Haltbarkeit bei vorgegebener Bodenpflege (Bodenreinigung und Wartung/Inspektion von Böden und Stuhlgleitern) gegeben ist. Der Ausschreibungstext entscheidet wesentlich über die Lebensdauer der zu beschaffenden Baumaterialien, Objekte und Komponenten. In vielen Fällen ist hier zunächst der Stuhlgleiter das schwächste Glied und kann infolge von Defekten durch Überbeanspruchung Schäden am Bodenbelag nach sich ziehen.
Bezüglich der Nutzungsart dürfte die Verwendung von Stapelstühlen in Schulen und schulisch genutzten Großräumen sowie bei Eventgroßveranstaltungen die höchsten Anforderungen an Stuhlgleiter stellen. Hier sollte gut überlegt werden, welche Stuhlgleiter zur Nutzungsart passen.
Fällt dabei die Wahl auf Gelenkgleiter, muss berücksichtigt werden, dass diese zwangsläufig entsprechend dem unterstützten Stuhlbeinwinkel auch in die entgegengesetzte Richtung gedreht werden können. Hier muss das für die Bestuhlung zuständige Personal unbedingt darauf achten, dass die Gelenkgleiter- Gleitflächen weitestgehend plan zum Boden ausgerichtet sind und dass die Stühle von der Stapelung gehoben nicht auf den Boden geworfen, sondern aufgestellt werden. Andernfalls ist zwangsläufig beim Aufstellen oder der nachfolgenden Benutzung mit dem Abtrennen der Gelenkgleitfläche oder anderweitiger Schädigung der Gelenkgleiter zu rechnen. Die Wahl eines naturfarbenen Schrägstopfens aus PE (unsere Gruppen SRS oder RS) kann die weniger elegante, aber sicherere Lösung sein (ggf. ausreichend weich, farblich nicht auftragend, ggf. etwas höherer Abtragverschleiß).
Wir bieten sämtliche gängigen Gleitflächen an:
• Edelstahl
• Filz (in div. Qualitäten natur oder eingefärbt)
• PA (natur oder eingefärbt)
• PE (natur oder eingefärbt)
• POM (natur)
• PP (natur oder eingefärbt)
• PTFE (natur oder eingefärbt)
• PVC-P [weich] (natur oder eingefärbt)
• Stahl (vernickelt oder verchromt)
• TPE [-U, -V, -E] (natur oder eingefärbt)
Den größten Stopper-Effekt bei gleichzeitig sehr hoher Standzeit über sehr viele unterschiedliche Bodenarten hinweg weist TPE-U auf. Den größten Gleiteffekt (Haft- und Gleitreibung) über sehr viele unterschiedliche Bodenarten hinweg weist PTFE auf.
Einige montierte Gleiteinsätze lassen sich mit wenig Aufwand gegen neue tauschen. Oft ist der Tausch des Gleiters günstiger bzw. sinnvoller, als der Tausch von Gleiteinsätzen in dafür vorgesehenen Gleitern für Wechselgleiteinsätze. Mit Sicht auf einen möglichst universellen Einsatz sind naturfarbene Gleitflächen empfehlenswert. Damit ist dann auch eine evtl. Problematik der Farbmigration nicht gegeben, wenn Boden und/oder Gleiter Vinyl (PVC, EVA, etc.) enthalten.
Bei Nassreinigung des Bodens empfiehlt es sich, Möbel mit Gleiteinsätzen aus Filz oder Stahl (vernickelt oder verchromt) solange zu entfernen, bis der Boden vollständig trocken ist. Gleitflächenmaterial und Bodenreiniger müssen kompatibel sein, bzw. sollten keine Wechselwirkung aufweisen.
In Abhängigkeit von einer regelmäßigen und in ausreichend kurzen Abständen erfolgenden Reinigung und Pflege des Bodenbelags und eines pfleglichen Gebrauchs der Stühle würden beispielsweise folgende Paarungen mit unterschiedlichen Haltbarkeiten der Gleiteinsätze in Betracht kommen (Komfort variierend):
• Laminat (nicht hartstoffversiegelt) je nach Empfindlichkeit und Rutschhemmungsklasse weicher bis mittelharter Filz, TPE, PE, PP, PVC-P (natur)
• Parkett (nicht geölt oder hartstoffversiegelt) je nach Empfindlichkeit und Rutschhemmungsklasse weicher bis mittelharter Filz, TPE, PVC-P (natur)
• elastischer (Sport)boden je nach Empfindlichkeit und Rutschhemmungsklasse Edelstahl, mittelharter Filz, PA, POM
• Linoleum je nach Empfindlichkeit und Rutschhemmungsklasse weicher bis mittelharter Filz, TPE, PVC- P (natur)
• weicher glatter Naturstein je nach Empfindlichkeit und Rutschhemmungsklasse weicher bis mittelharter Filz, PTFE, TPE, PVC-P(natur)
• weicher rauer Naturstein je nach Empfindlichkeit und Rutschhemmungsklasse TPE, PVC-P
• harter glatter Naturstein je nach Empfindlichkeit und Rutschhemmungsklasse mittelharter Filz, PTFE, PA, PP, PE, POM, PVC-P (natur)
• harter rauer Naturstein je nach Empfindlichkeit und Rutschhemmungsklasse POM, PA, PP, PE, PVC-P
• harte glatte Keramikfliesen je nach Empfindlichkeit und Rutschhemmungsklasse mittelharter Filz, PA, POM, PVC-P, TPE
• Teppichboden/Textilboden je nach Empfindlichkeit und Art Edelstahl, PTFE, PVC-U (Hart-PVC)
• Vinylboden je nach Empfindlichkeit und Rutschhemmungsklasse Filz, TPE, Edelstahl, PA, PP, PE, POM
• Betonverbundsteine, Waschbeton POM (natur), PA (natur), Edelstahl
Unverbindliche Materialinformationen Filz
Industriefilz
Wird ab etwa Mitte der 1980-iger Jahre als Besatz von Kunststoff-Möbelgleitern zur Schonung empfindlicher Böden/Flächen und zur Geräuschdämpfung von bewegten Sitzmöbeln nachgefragt. Im Gegensatz zu manchen Kunststoffgleitflächen wird das Verkratzen oder radierende Auftragen auf empfindlichen Böden (Parkett, polierte/glatte Kalksteinböden, etc.) vermieden und dafür ein erhöhter Abtragverschleiß beim Filz in Kauf genommen. Für diese Aufgabe kann Filz in starker Abhängigkeit von der Bodenreinigung (trocken absaugen - Filzkontakt mit Wasser oder Flüssigkeiten vermeiden; der Filz weicht auf und radiert dadurch schneller ab) immer nur ein Kompromiss zwischen Schonung/Geräuschdämpfung und Verschleiß sein. Industriefilz ist praktisch in allen Dimensionen, Formen, Zuschnitten und in verschiedenen Ausführungen, wie gefärbt, selbstklebend, silikonisiert, flammhemmend, chemisch waschbar, bedingt wasserfest, wasserabstoßend, antistatisch, etc. herstellbar. Ein wesentliches Qualitätsmerkmal ist sein spezifischer Dichtebereich, der im Wesentlichen 0,2 - 0,7 g/cm³ umfasst. Es lassen sich Qualitäten hart wie Holz und weich wie Watte herstellen. Mit zunehmender Dichte erhöhen sich der Rohstoffeinsatz und die Anforderungen an die Verarbeitungsanlagen.
Verfilzung
Wolle und andere Tierhaare verfilzen durch Reibung, Wärme, Feuchtigkeit und Laugen, indem die sich aufstellenden Schuppen der Faseroberfläche miteinander unlösbar verhaken. Wer eine Wollsocke versehentlich in der Waschmaschine gewaschen hat, kennt den Effekt: Die Socke ist um mehrere Größen geschrumpft und recht fest geworden. Was im Haushalt ein Malheur ist, wird bei der Filzherstellung industriell mittels maschinellem Stauchen, Klopfen und Pressen durchgeführt. Diese Art der Verfilzung durch verhakte aufgestellte Schuppen ist ausschließlich eine Eigenschaft von Tierhaaren/-wolle. Dagegen werden andere Fasern durch Nadeln mit Widerhaken mechanisch verfilzt/verschlungen (s. Herstellungsverfahren).
Filzdefinition und Filzeigenschaft
Filz ist ein geschichteter, textiler Pressvliesstoff aus Wolle und/oder Fasern, der im Prinzip einen Faserverbundstoff darstellt. Er wird ohne Spinnen, Weben oder Vermaschen aus Einzelfasern hergestellt, die mehr oder weniger wirr übereinander liegen und teilweise ineinander verschlungen sind. Die gereinigte, gekämmte und bis zum Vlies aufbereitete und eventuell gefärbte Rohwolle und/oder Fasern werden durch eine mechanische Bearbeitung (Filzen und Walken) meist mit thermischer und chemischer Unterstützung in einen festen Stoff gepresst/verfestigt (textiles Flächengebilde bzw. Matten mit definierten Eigenschaften laut DIN 61205). Filz ist im Wesentlichen ein zweidimensionaler Pressstoff in Vielschichtanordnung mit geringer dreidimensionaler Bindung. Unter Scher-bzw. Schubbelastung neigt Filz zum schichtweisen Abschieben.
Filzarten
Filzarten werden nach Rohstoffherkunft oder Herstellungsverfahren unterschieden. Der Begriff Wollfilz bezeichnet z.B. die Herkunft der Faser (im wesentlichen Schafswolle, aber auch andere geeignete Tierhaare), im Gegensatz zu synthetischem Filz (Kunstfasern aus Polyamid, Polyester, Kunstseide, Polypropylen, Normex, Kevlar, Glas, etc.) oder Filz aus Pflanzenfasern (Baumwolle, Zellwolle, Kapok, Ramie (Bastfaser), Jute, etc.). Echte Filze werden aus Faserflor gewonnen, unechte Filze aus gewebten Flächen, die in der Walkmaschine verfilzt werden. Filz kann sowohl aus einem Rohstoff, als auch Mischungen unterschiedlicher Rohstoffe bestehen. Die Bezeichnungen Nadel-, Walk-, Web-, Press- oder Tuchfilz verweisen auf das Herstellungsverfahren.
Herstellungsverfahren
Nassfilzen (laut DIN 61210 unter dem Begriff Walkfilze zusammengefasst) des ungebundenen Vlieses mit warmem Wasser (Dampf) und Seife (alkalische Filzhilfe) ist die traditionelle, handwerkliche Verarbeitung der Wolle oder von Tierhaaren. In Kombination mit warmem Wasser und Seife stellt sich die oberste Schuppenschicht (Cuticula), die Schuppen der Haare auf. Gleichzeitig durchgeführtes Walken bewirkt ein gegenseitiges Durchdringen der einzelnen Fasern. Die aufgestellten Schuppen verkeilen sich so stark ineinander, dass sie nicht mehr zu lösen sind. Das Werkstück schrumpft dabei stark und es ergibt sich ein fester Stoff (textiles Flächengebilde). Die endgültige Form kann dabei nahtlos aus einem Stück herausgearbeitet werden. Filzwalken ist zeitaufwendig und wird im Wesentlichen nur noch kunsthandwerklich, im Hobby- oder Pädagogikbereich und in kleinem Maßstab industriell durchgeführt. Walkfilz hat die in den DIN-Normen DIN 61200 und DIN 61206 Nr.2.1 normierte Eigenschaften aufzuweisen. Die Festigkeit des Walkfilzes wird durch sein spezifisches Gewicht festgelegt. Da Walkfilz aus tierischen Fasern, zum Teil unter Beimischung von Zellwolle, besteht, handelt es sich dabei um ein biologisch abbaubares Naturprodukt.
Beim Trockenfilzen wird die trockene Wolle mit Hilfe spezieller Nadeln in eine Form gebracht. Diese Methode ist der Vorläufer des Vernadelns mit einem Nadelbalken. Bei Nadelfilzen wird der Faserflor von Nadeln mit Widerhaken, umgekehrt wie bei einer Harpune angeordnet, wiederholt durchstoßen (360 bis 720 Einstiche je Quadratzentimeter), so dass die Fasern in den Filz gedrückt werden und die Nadel leicht wieder herausgeht, mit dem Effekt, dass Faserbüschel an die Faserflorunterseite gezogen werden und hier zu einem festen Gebilde verschlingen. Nadelvliesstoffe lassen sich nicht nur aus Wolle, sondern auch aus praktisch allen anderen Fasern herstellen. Nadelfilz ist der heute übliche industriell hergestellte Filz. Außerdem ist noch das Verhaken mit einem gepulsten Wasserstrahl oder mit einem Bindemittel möglich. Hier können auch Fasern ohne Schuppenstruktur eingesetzt werden (z.B. Kunstfasern, s. Filzarten). Meist werden die Nadelfilze zusätzlich auf chemischem Weg verfestigt.
Produktbereiche
Wollfilz und andere ungewebte Stoffe verwendet man des Weiteren für Stempelkissen, zur Dämpfung von Schwingungen in Maschinen, zur Schalldämmung und zum Polieren von Glas, Granit und einigen Metallen. Ölgetränkte Filzkissen werden zum Schmieren von Maschinen eingesetzt. Aufgrund seiner Dauerelastizität eignet sich Filz als Dämpfer in Klavieren und anderen Musikinstrumenten. Aus Wollfilz werden auch Hüte, Schuhe und andere Kleidungsstücke hergestellt. Darüber hinaus verwendet man Filze auch für Sieb-, Filter- und Dichtungszwecke.
Verarbeitung (Möbelgleiter)
Filz wird seit einigen Jahren in Form von flächigen Stanzteilen in Möbelgleiter eingebracht. Hierbei werden die Filzstanzteile eingepresst, geklebt, aufgeschweißt (Reib- oder Vibrationsschweißen) oder umspritzt. Die Haltbarkeit für die vier genannten Verfahren ist bei gleicher Filzqualität in etwa gleich, die Wirtschaftlichkeit nimmt über das Aufschweißen zum Umspritzen hin sehr stark ab, bzw. der Artikelpreis entsprechend zu. Beim Aufschweißen verliert der Filz etwa 1,5 mm seiner ursprünglichen Stärke. Beim Kleben ist in der Regel die Beschaffung eines fertig vorkonfektioniertem Klebefilzes die geeignete Wahl, weil hier der Kleber vom Filzhersteller in industriellem Maßstab kontrolliert in gleichbleibend gewünschter Qualität aufgebracht ist, während das Aufkleben des Filzes mit Heißklebern oder anderen geeigneten Klebern einer besonderen Qualitätskontrolle bedarf. Das Aufkleben von Filzstanzteilen auf Möbelgleiter aus Polyolefinen (PE und PP) ist wegen der unpolaren Oberfläche dieser Thermoplaste nur nach einer Oberflächenbehandlung oder mit Spezialklebern möglich und empfiehlt sich in der Regel wegen des Aufwandes nicht. Die Haltbarkeit des Filzes am Möbelgleiter ist ausschließlich von der Beanspruchung abhängig. Je mehr Filzstärke aus dem Möbelgleiter frei herausragt, desto eher wird der Filz wegen seiner marginalen dreidimensionalen Verfilzung bei Schubbeanspruchung flächig in Schichten abgeschoben. Dagegen steht der Wunsch nach Verschleißtiefe, um die Gebrauchszeit bis zur Abnutzung des Filzes zu verlängern. Der Kompromiss liegt erfahrungsgemäß bei einer frei herausragenden Filzstärke von 2 - 5 mm, Einsatz nur auf besonders empfindlichen Böden, die regelmäßig trocken abgesaugt werden und wenn erwartet werden kann, dass die Benutzer der Möbel behutsam mit den Möbeln umgehen. Ist der Filz zu weich (geringe Dichte), schiebt er nach kurzer Gebrauchsdauer in Schichten ab bzw. verschleißt begleitend schnell. Ist der Filz zu hart (hohe Dichte), ist die Kontaktfläche (Anspritzfläche, Klebefläche, Schweißfläche) wegen der fehlenden Pufferwirkung bei Schub- und Stoßbeanspruchung stärker belastet, der Filz beginnt weiche Böden zu radieren (Marmor, etc.) und die Geräuschdämpfung lässt spürbar nach.
Rechtlicher Hinweis
Dieser Artikel ist nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert, er stellt jedoch lediglich unverbindliche Sichtweisen und Empfehlungen der Firma Plasticmetall GmbH dar. Die Plasticmetall GmbH haftet daher nicht für eventuelle Schäden, die aus Umsetzung in die Praxis resultieren können.
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